Die Strafe & EA80 Live in Berlin am 24.03.2000 Am Donnerstraf,
den
23.3.2000 wurde mir gegen 22:30 telefonisch mitgeteilt, dass
ich einen der begehrten Auto-Mitfahrplätze bei Norman ergattert
hätte. Das ließ die
durchweg beschissene, ständig herrschende Depristimmung doch
noch aufhellen, so dass ich mich doch
ziemlich vorfreudig in die Schlafposition begeben konnte. Denn
als Bands sollten
uns am Abend jenes 25.März Die Strafe und die fast schon
publikumsscheuen EA80 Zutritt
zu unserem Gehör verschaffen. Glücklicherweise sind ebendiese EA80
Normans Lieblingsband und da fiel die Entscheidung nicht
schwer,
ob er denn nach
Berlin fahren solle (oder nicht). So ging es am Freitag, 15 Uhr, zu
fünft auf die recht gut befahrbare Autobahn A4 Dresden-Berlin.
Gegen 17:30 erreichten wir
Berlin-Mahrzahn im Ostteil und mal ehrlich, dort stinkt's. Die Luft ist
dermaßen kacke und beSTRAFEnd, dass wir in Dresden noch regelrecht verwöhnt
werden. Ich muss zum Glück nicht dort
wohnen. Is' nich so, mit Nazis
und anderem Gesocks. Obwohl Berlin natürlich
im Grunde das pulsierende Leben schlechthin ist. Am Wochenende
hat man die Auswahl
zwischen der Fettecke, der KØPI, Tommy-Weissbecker-Haus, dem
Eimer, Wild at Heart usw. Aber egal,
dann ging es erstmal schnurstracks zu Olli & Patricia, die ihre
Bleibe im Stadtteil Prenzlauer Berg errichtet haben. Danke auch
nochmal an die
Beiden für die Pennplätze,
die bis 2 Minuten nach unserer Ankunft noch nicht mal was davon
wussten. Dank an Robert, meinem angeblichen Bruder. Danach
Bier-Einkauf im
Plus-Markt, anschliessend
wieder zurück in die Wohnung und gegen 20:00 fuhren wir gen Fettecke,
dem
Konzertort. Dieser lag dann, unweit entfernt vom Alexanderplatz
und dem
Fernsehturm, inmitten zahlreicher, neugebauter Hoch- und
Geschäftshäuser. Das fünfstöckige Gebäude,
mittlerweile kein besetztes Haus mehr, beinhaltet Wohnräume, Infocafés,
die Fettecke als Konzerträumlichkeit u.v.m. Eine kleine, aber
sehr feine Subkulturoase
zwischen monströsen
Konsumtempeln, Banken und sonstigen Juppiebauten, die die
fortschreitende Globalisierung symbolisieren.
Der Eintritt betrug, mit Verlaub, lächerliche sieben
Deutschmark. Das Bier war mit
1,50 DM mehr als preiswert und selbst eine ganze Flasche Mineralwasser
(natürlich
alkoholfrei) entleerte
dem Portmonee nur 1 DM. Das kann man guten Gewissens als 100% D I Y
bezeichnen.
Die Räume begutachtete ich mit staunenden Blicken. Es war einfach ein geiler
Konzertsaal für ca. 300-350 Leute, ausserdem gab es neben dem Vorraum
(mit Merchandising & Theke) auch noch einen zweiten
Aufenthaltsraum, in
dem ich kurz nach dem Betreten auch die anderen beiden Dresdner,
nämlich Maik und Micha,
entdeckte. Einige Mitglieder der beiden Mönchengladbacher Bands rannten schon in den Räumen umher, nur Autogramme mussten sie nicht geben. Da wir es aber immer noch nicht gepackt haben, ein Fanzine auf die Beine zu stellen, waren wir natürlich auch nicht im Stande, ein Interview zu machen, obwohl der Zeitpunkt optimal gewesen wäre, da kaum Alkohol im Spiele gewesen war. Naja, ist vielleicht besser so. Nun waren wir schon 20:30 h mit knapp 40 anderen Leuten in der Fettecke. Da war die Hoffnung auf eine möglichst geringe Zuschauerzahl natürlich noch groß, was sich im Laufe der nächsten zwei Stunden aber ändern sollte. Gegen 22:00 waren es dann ungefähr 750-800 Leute, mindestens 150 zuviel. Nichtsdestotrotz betraten Torsten, Kai und Budde aka Die Strafe, eingepackt in Zwangsjacken und geführt von EA80-Sänger Junge, um 22:30 Uhr (?) die kleine Bühne. Ich hatte mich mit dem Micha unmittelbar vor der Bühne positioniert. Nach den ersten Klängen war das Gehör fürwahr im Arsch, da die Boxen dermaßen laut gewesen waren, das hätte selbst die Eisenpimmel-Stumpfis aus kühnsten Hansa-Pils-Träumen geweckt. Ohropax in den Ohren wären wohl besser gewesen. Nagut, soweit zum Negativen. Denn die Strafe war einfach nur gut, eigentlich noch mehr als gut. Die musikalische Verwandtschaft zu EA80 ist natürlich unverkennbar, die Textliche eher nicht. Ist vielleicht auch gut so. Nicht ohne Grund sind die Strafe kein billiges Plagiat der Mönchengladbacher Urgesteine, sondern eine ebenso zu respektierende Punk-Grösse. Das Schöne an der Strafe ist auch, dass die Texte wesentlich einfacher zu verstehen sind und teilweise auch einer verbissenen Ernsthaftigkeit & Intellektualität trotzen, ohne ins Stumpfe oder Deutschpunk-klischeehafte abzufallen. Spass und "Strafe muss sein", Bier natürlich auch, und Punk sowieso. Und das bewiesen sie mit ihrem Liveauftritt eindrucksvoll. Liedtitel kann und will ich an dieser Stelle keine aufzählen, es war einfach phantastisch, wie die Band agierte & munter spielte, während wir fast den totalen Kreislaufkollaps erlitten haben. Zudem wurden auch Instrumente untereinander getauscht, ohne das die Qualität beeinträchtigt wurde, klasse sowas und irgendwo auch interessant. Die Strafe verweilen durch ihren ca. 1 1/2-stündigen Auftritt auf jeden Fall in guter Erinnerung, vielleicht kommen sie mal wieder nach Dresden. Gestört haben eigentlich nur einige wahrlich traurige, mit Nieten und Iro verkleidete Punk-Gestalten, ich meine hierbei nicht die Anwesenheit, das Aussehen oder so, sondern dieses "Ich - pog - mich - tot - und - alle - anderen - auch"-Auftreten vor der Bühne. Nix gegen Pogo und dergleichen, nix gegen alkoholische Genüsse, aber beides in Grenzen.
Gegen 0:00 betraten dann EA80 endlich die Bühne. Und was soll man schon
Grossartiges
sagen, Gänsehautfeeling rules. Gleich beim ersten Lied eine
geniale Stimmung im Publikum
und bei der Band, und - wie nicht anders zu erwarten - ein
Blitzlichtgewitter seitens
der Zuschauer im vollkommen überfüllten Konzertraum. Sänger
Junges Stimme total enthusiastisch und unheimlich treibend,
einfach nur
wunderschön. Es wurden massig Hits gespielt,
unter vielen anderen natürlich "Gugging", "Meine Revolution",
"Innenraum". Es fehlten dennoch einige Klassiker wie "Marthy".
Aber angesichts der Masse von möglichen Liedern aus 8 Alben (!)
muss sich die Band natürlich beschränken und so wurden nicht
wenige Stücke von der letzten LP, "Schweinegott", gespielt. Es war auch
unglaublich, wie punkrockig und teilweise schon hardcorig die
Band spielte.
Hört man in der heimischen
Anlage EA80, dann verfällt man eher in eine melancholisch-depressive
Stimmung, live
hingegen verspürt man schon die eigentlichen Wurzeln, den Punk.
Und Sänger Junge ist in seiner Eigenart eindeutig der deutsche Jello
Biafra. Zurück zum Geschehenen: nach 1 1/2 Stunden wurde eine Pause
eingelegt, die Puste, vor allem die des Publikums, war raus. Es war
eine unglaubliche Hitze im Konzertsaal, mir wurde schwindlig
und schlecht, was aber definitiv nicht
am Alkohol gelegen hatte, sondern an den vielen Leuten, der
schrecklichen
Luft und meiner Müdigkeit. Wer in dieser Atmosphäre noch geraucht hat,
der hatte eindeutig einen
Schaden und das sage ausgerechnet ich als ex-Raucher. Die
letzten 3 Lieder vor der Pause hatte ich somit verpasst.
Lieber erstmal ausgeruht und Frischluft getankt. Nach der Zwangspause
spielten EA80 nochmals
eine Stunde und es war wirklich unglaublich !! Ich war auch noch nie
auf einem Konzert
gewesen, auf dem das Preis/Leistungs-Verhältnis,
so eindeutig überboten wurde. Man kann das Konzert im Grunde auch nicht
in Worten wiedergeben, man muss es selbst erlebt haben. Ein großes Danke an Die Strafe und EA80 und ein großes Fuck
an alle Besserwisser im Konzertraum, die ständig ihren Unmut äußern
mussten, anstatt
ihre Schnauze zu halten oder rauszugehen. Mit diesem ständigen
"Früher war eh alles
besser" - Gelaber können diese stockkonservativen alten Herren
mal
lecker abkacken gehen. Warum geht ihr armen Leuchter dann überhaupt
noch zu solch einem
Konzert ? Die Fahrt
von der Fettecke zurück zu unserer Schlafgelegenheit gestaltete sich
auch als äußerst kompliziert,
immerhin zu siebt in einem kleinen 3-Türer. Mit Ausnutzung des
Kofferraumes und der Wagenhöhe
wurde auch noch diese letzte Hürde gemeistert und so schlummerte
ich gegen 3:30 auf meiner Matratze ein. Lediglich Robi's Scheiss-Idee,
am nächsten Tag um 9 Uhr wegen einer,
ähem, floppigen Demonstration (in Dresden) loszufahren, löste Unmut
unter den Schlafwilligen aus. Vor allem bei Albi, der deswegen
nur 1 Stunde Schlaf tanken durfte.
Und wir sind uns einig: Handys sind scheisse !!!!!!!! Tonne auf
und rein damit.
Und die Fahrt nach Berlin hat
sich dennoch in (fast) allen Belangen gelohnt. Zurück zu den Auftritten Entnommen von: "Seppos Homepage" |